Lohnt sich das (noch)?

Ein Besuch bei meiner 96-jährigen Mutter: Mühsam bewältigt sie den Weg vom Esstisch in den Sessel und lässt sich dort erleichtert fallen. Dass ich in der Küchenecke noch einiges wegräume, ist ihr eigentlich nicht recht. Aber alleine schafft sie es nicht mehr. Eine Herausforderung für jemanden, der ein Leben lang für andere gesorgt hat. „Das Alter ist nicht leicht!“, seufzt sie.
Kann man den Wert eines menschlichen Lebens messen oder berechnen? Wir tun es häufig anhand der Leistung, die dieser Mensch erbringt: für den Arbeitgeber, für die Familie, die christliche Gemeinde oder die Gesellschaft. Es stellt einen unermesslichen Reichtum dar, wenn Menschen sich einbringen – während ihrer Berufstätigkeit, aber auch danach.
Aber umso schwieriger ist es, wenn der eigene Aktionsradius immer kleiner wird und man mehr und mehr auf Hilfe angewiesen ist. Erst recht, wenn starke Schmerzen das Leben einengen. Dass Gott unserem Leben Wert und Würde verleiht, muss im Alltag durchbuchstabiert werden, wenn jeder Schritt mühsam ist und man das Gefühl hat, anderen zur Last zu fallen. Dankbarkeit hilft dabei.

Kurz nach der am Anfang beschriebenen Szene hören meine Mutter und ich in den Nachrichten von den Überschwemmungen in Italien. „Was haben wir es doch gut!“, ruft meine Mutter dankbar aus. Und wie so oft begegnet sie dem Pflegedienst mit einem freundlichen Lächeln. Ich wünsche Ihnen jeden Tag mindestens eine Entdeckung, die Sie dankbar macht.

Ihre Agnes Wedell
Redaktion LebensLauf