Staunen lernen
Seit Ende Juli gehören das Residenzensemble in Schwerin und das Städtchen Herrnhut mit den Siedlungen der Brüdergemeine zum Weltkulturerbe. Wahrscheinlich wird diese Entscheidung viele Touristen in die beiden Orte ziehen. Vielleicht gehöre ich auch einmal dazu. Dann werde ich voraussichtlich jeden noch so kleinen Winkel erkunden, jede Inschrift entziffern – und unzählige Fotos knipsen. So ist es immer, wenn ich einen schönen Ort zum ersten Mal sehe. Irgendwann fiel mir auf: Dort, wo ich wohne, ist das ganz anders. Da laufe ich achtlos an den schönsten Gebäuden vorbei. Die kenne ich ja!
Auch das Wunderwerk der Schöpfung wird allzu oft unter „kenne ich schon“ verbucht. Nein, ich meine nicht atemberaubende Wasserfälle, majestätische Berglandschaften oder traumhafte Strände – sondern zum Beispiel einfach nur das Wäldchen ganz in der Nähe. Einfach? Im Boden leben mehr als 1,5 Millionen Lebewesen pro Kubikmeter: etwa Regenwürmer, Asseln, Milben, Algen, Bakterien und Pilze. Und auch darüber wuchert und wimmelt es nur so. Wer wirklich hinschaut, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Wie genial ist unser Gott!
Das Erntedankfest ist eine, aber nicht die einzige Gelegenheit, ihm „Danke!“ zu sagen. Nein, es ist alles andere als selbstverständlich, dass auf Pflügen, Säen und Wässern auch eine reichhaltige Ernte folgt. Das haben uns spätestens die Dürren und Überschwemmungen der letzten Jahre gelehrt. Was die Natur uns gibt, ist letztlich ein Geschenk. Wenn wir Gott dafür wirklich dankbar sind, wollen wir seine guten Gaben auch in Ehren halten.
Agnes Wedell
Redaktion LebensLauf