Christina Herr: Erzähl ich von früher … Geschichten und Erinnerungen

Rezension von Eckhard Schaefer

Der Titel weckte bei mir Neugierde. Bei jedem Besuch meiner Enkelkinder die immer wiederkehrende Aufforderung: Opa, erzähl bitte wie es war, als du so alt warst wie ich.
Ist meine Neugierde befriedigt? Ja und nein! Ja, weil beim Lesen der oft sehr kurzen und manchmal auch ausführlicheren Beiträge eigene Erinnerungen geweckt wurden. Nein, weil meine Hoffnung, geeignete Vorlesegeschichten zu finden, sich bis auf einige Ausnahmen nicht erfüllte. Das hat die Verfasserin aber auch nicht versprochen.
Christina Herr hat „Geschichten und Erinnerungen“ (so der Untertitel des Buches) von Männern und Frauen gesammelt, die heute auf acht oder neun Lebensjahrzehnte zurückschauen und von ihren Kindheitserfahrungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit erzählen.
Der Geschichtsunterricht über diese Epoche in der Schule bekommt Farbe, wenn vom Badetag am Samstag in einer zinnernen Wanne, die im Wohnzimmer aufgestellt wurde, berichtet wird. Wir erfahren, wie sich ein Kind 1944 am zehnten Geburtstag über Zahnpasta als Geschenk freute und der Mutter dankbar für einen Kuchen aus Kaffeesatz war. Anschaulich wird berichtet, wie der wöchentliche Einkauf sehr übersichtlich war, weil alle Einkäufe durch Lebensmittelkarten und Bezugsscheine begrenzt waren. Wir lesen aber auch, wie Gottvertrauen der Eltern, die abends auf den Knien für die Familie und die Nachbarn beteten, die eigene spätere Entwicklung geprägt hat. Nur vier Beispiele von insgesamt 67 Beiträgen. Darunter auch  wertvolle literarische Texte z.B. von Erich Kästner, Astrid Lindgren, Anne Frank und Corrie ten Boom.
Geschichte erklärt man am besten mit Geschichten. Da ist dieses Buch eine Fundgrube und ein Anreiz, eigene Erfahrungen für die nachfolgende Generation aufzuschreiben.

Neukirchener Aussaat, 208 Seiten, € 12,99/CHF 17.90