Cappuccino-Zeit

Die Großeltern-Kolumne

Vor einiger Zeit erhielt ich von unserer ältesten Enkeltochter (18 Jahre) eine E-Mail. Darin berichtete sie, dass in der Schule eine Unterrichtsstunde ausgefallen war. Diese freie Zeit wollte sie sinnvoll verbringen. Sie ging in die nächste Bäckerei und bestellte sich einen Cappuccino. Kein Stress, kein Lernen, einfach Entspannung pur. Während sie so gemütlich dasaß und ihren Cappuccino trank, schaute sie hinaus und beobachtete die vorbeigehenden Passanten und die Autos. Einfach so.

Da kam ihr dann der Gedanke, mir eine E-Mail mit ihrem Smartphone zu schicken:
„Weißt du, Oma, ich musste gerade einfach an euch denken. Früher hast du uns nach dem Mittagessen einen Kinderespresso gemacht (Kakao mit einem Schuss Sahne in einer kleinen Espressotasse). Da fühlten wir uns so richtig groß. Und jetzt, wo wir älter geworden sind, genießen wir es, wenn ihr mit uns in eine Bäckerei geht und wir miteinander Cappuccino trinken. Meist gibt es ja noch eine Brezel dazu. Das haben wir von euch gelernt, dass man sich auch einmal so entspannen kann. Ich freue mich schon aufs nächste Mal!
Deine Lea“

Bei ihrem nächsten Besuch saßen wir dann tatsächlich wieder miteinander bei Cappuccino und Brezel in einer Bäckerei. Wir hatten Zeit, uns auszutauschen. Der Gesprächsstoff geht uns eigentlich nie aus, denn es begegnen sich die Lebenswelten von zwei unterschiedlichen Generationen. Da ist es immer spannend, sich mitzuteilen und einander zuzuhören. Und danach kann man ganz konkret für seine Enkel beten.

Was für ein Vorrecht, ein so entspanntes Verhältnis zu seinen Enkelkindern zu haben!

Gerdi Stoll ist Autorin und Referentin, ihr Mann Claus-Dieter Stoll ist Dekan im Ruhestand. Die beiden haben elf Enkel und leben in Mötzingen bei Stuttgart.